Unsicheren Zeiten zu trotzen ist nicht immer einfach. Dein Team erfolgreich durch die Unsicherheit zu führen und sicherzustellen, dass ihr auch in solchen Kontexten optimal funktionieren könnt, ist deine Verantwortung als Leader.
In dieser Artikel-Reihe beleuchte ich, was es braucht, damit eine Team entstehen kann, das Veränderungs-fähig sein kann. Dabei fasse ich Erkenntnisse aus unterschiedlichen Artikeln zusammen und berichte über Wissen, welches ich mir beim Kurs “Leadership in the digital Age” (Hyper Island) und während meiner Arbeit bei INNOArchitects angeeignet habe.
Enge Synchronisation vs. freie Koordination
Die konstanten Veränderungen des Umfelds und die damit erforderliche höhere Agilität in vielen Unternehmen bedingen, dass sich Teams neu aufstellen müssen. Kundenbedürfnisse die sich verändern, der Markt der verrückt spielt und plötzlich innert Wochen nach neuen Lösungen verlangt. Die Geschwindigkeit des Wandels nimmt zu. Doch viele Teams arbeiten noch immer so zusammen, wie es sich in Zeiten der Industrialisierung durchgesetzt hatte. Wie eine gut geölte Maschine treffen sich die Mitarbeitenden zu ihren wöchentlichen Meetings, bringen Entscheide in die monatlichen Gremien und folgen dem 3–5 Jahresplan ihres Unternehmens. In “enger Synchronisation” versuchen wir uns alligned zu halten und dem Markt so zu begegnen.
Eine turbulente Zeit, wie wir sie im Frühjahr 2020 erleben durften, verlangt jedoch nach einer anderen Form von Organisation. Und damit sind keine Not-Lösungen gemeint, die nur in Zeiten einer pandemischen Krise zum Einsatz kommen sollten. Nein, wir müssen unser Team langfristig für Veränderungen aufstellen.
Um Veränderungs-fähig zu werden, müssen wir mit unserem Team von einer engen Synchronisation hin zu einer freien Koordination wechseln.

Die enge Synchronisation kann man sich tatsächlich gut am Bild einer gut geölten Maschine vorstellen. Ein gut eingespieltes Team, dass wie am Fliessband performen kann. Eine Unternehmung mit einem linearen Produktionsprozess oder eben die Rudermannschaft, die Synchron in dieselbe Richtung rudert.
Anders als die gut geölte Maschine, kann man sich die freie Koordination eher an einer Guerilla Militär-Truppe vorstellen. Alle verfolgen dasselbe Ziel, aber tun es auf ihre eigene Art und Weise. Bei manchen Einsätzen wird ein Team-Adhoc geformt und im Hitze des Gefechts aber auch wieder aufgelöst. Man kann nicht planen, was im Einsatz geschehen wird. Um trotzdem zu bestehen, organisieren sich diese Teams mit einem klaren Ziel, und einer individuellen Rolle darin. Das Ziel ist allen klar und jeder weiss, was er/sie dazu beitragen kann.
Menschen sind am wertvollsten, wenn sie auf ihre eigene Art und Weise funktionieren. Einen Einheits-Weg zu finden, ist vor allem dann sinnvoll, wenn wir Dinge skalieren, grösser machen und wissen woran wir eigentlich arbeiten sollten und was der Markt nun wirklich braucht. Zuvor gleicht das Ganze eher einer Aufklärungs-Mission.
In Projekten und Geschäftsbereichen, in denen wir uns mit grosser Unsicherheit konfrontiert sehen, sehen wir uns zunehmend gezwungen, die Form der freien Koordination anzustreben. Wir wandeln uns von der eng synchronisierten geölten Maschine, hin zur frei koordinierten Aufklärungs-Truppe.
Doch was tun wir instinktiv?
Die Unsicherheit bringt Risiko mit sich. Und viele Menschen sind risikoavers. Wir versuchen der Unsicherheit aus dem Weg zu gehen. So geben wir als Leader häufig Team-Gefässe vor, die nach bestem Wissen und Gewissen auf unsere Ziele einzahlen sollten. Sie geben uns ein Gefühl von Sicherheit und gaukeln uns die Illusion der Kontrolle vor. Das führt dazu, dass wir häufig blind dem Plan vertrauen und auf Veränderungen nicht vorbereitet sind.
Das Witzige dabei ist: Wie wollen wir wissen, ob unser Plan wirklich die Kundenbedürfnisse am Markt befriedigen? Solche Team-Strukturen sind nicht daraus ausgelegt den Markt bestmöglich zu befriedigen, sondern lediglich darauf den Zielen zu folgen, die uns gesetzt wurden. Alles geht nach Plan, doch was ist, wenn der Plan schlecht ist?
Die Aufklärungstruppe sollte hingegen im Stande sein, den ursprünglichen Plan zu befolgen, aber auch davon abweichen zu können, wenn der Markt nach Etwas anderem verlangt.
Ein frei koordiniertes Team ist fähig neue Opportunitäten wahrzunehmen, die auf das Grosse Ganze einzahlen, neue Herausforderungen ad-hoc zu meistern. Dabei kommunizieren die Mitarbeitenden untereinander, dann wenn es die Umstände erfordern und arbeiten in dem Tempo, in denen sie individuell die besten Ergebnisse erzielen können. Das Ziel und ihre individuellen Rollen sind allen klar — und alle arbeiten auf ihre eigene Art und Weise darauf hin. Sowohl im Team als auch individuell. Es ist kein strukturiertes Team-Work, sondern “Team-Work on the fly”.
Fokus in den richtigen Kontexten
Bedeutet das, dass eine gut geölte Maschine nicht notwendig ist? Nein. Aber wir sollten viel gezielter mit Synchronisation umgehen. Der Sinn einer guten Team-Organisation ist, dass die Team-Mitglieder bestmöglich alligned auf ein gemeinsames Ziel hinarbeiten können. Dafür ist Synchronisation sehr wohl nötig. Dabei sollte man sich aber immer Folgendes vor Augen führen:
- Synchronisation = Ein Zusammenschluss von Informationen mit dem Ziel, Allignment für das Team zu schaffen.
- Allignment = Alle Mitarbeitenden wissen woran sie arbeiten und worauf es einzahlt.
Synchronisation ist nicht gleich Allignment. Es ist ein Mittel um Allignment zu erreichen. Doch es ist nicht in allen Kontexten unbedingt das beste Mittel dafür.
Wenn es darum geht, Bestehendes zu rentabilisieren (exploit) — dann befinden wir uns in der Welt der Standardisierung. Dafür benötigt es den Fliessband-Mechanismus. Das bedingt natürlich, dass wir bereits die Sicherheit besitzen, wonach der Markt verlangt.
In unsicheren Kontexten muss mit dem Allignment aber auch eine höhere Agilität folgen. Deswegen sollten Synchronisations-Gefässe nur ganz bewusst eingesetzt und nicht überbeansprucht werden. In solchen Kontexten (Beginn von Innovations-Projekten, Startups, neue Märkte mit neuen Kundenanforderungen) würde ich mein Geld eher ins Guerilla-Aufklärungs-Team investieren als in die Fliessband-Truppe.
Es braucht also Beide Formen in ihren jeweiligen Kontexten. Was nicht heisst, dass in relativ sicheren Kontexten nicht auch manchmal Aufklärungs-Teams benötigt werden und umgekehrt. Es gilt aber den Fokus richtig zu wählen.
In anderen Worten:
Je höher die Unsicherheit (Kontext, Projekt, Umfeld etc.), desto besser funktioniert das Team als Aufklärungs-Truppe. Je eher wir wissen, was der Markt will und es nun rentabilisieren müssen, desto eher kommt die gut geölte Maschine zum Zug.

Wie stellen wir also sicher, dass trotz freier Koordination kein Chaos ausbricht? Der Clue liegt dabei in einem starken Allignment durch eine gemeinsam getragenen Team-Vision und den allen verständlichen Team-Zielen mit entsprechenden Team-Rollen. So können wir gewährleisten, dass trotz Guerilla-Taktik, noch immer aufs Selbe hingearbeitet wird.
Ein Effektives Team, welches selbst in unsicheren Kontexten veränderungsfähig bleibt, vereint somit zwei Merkmale: Hohe Autonomität und gleichzeitig hohes Allignment.

Wir sprechen hier also über Teams, die fähig sind autonom auf dasselbe Ziel hinzuarbeiten. Möglichkeiten wahrzunehmen, Entscheidungen zu treffen und auszuführen, die auf das gemeinsame Ziel einzahlen, ohne dabei Andere um Erlaubnis bitten zu müssen. Das Geheimnis liegt im Vertrauen, dass andere ebenso auf die gemeinsame Vision hinarbeiten und dabei ihr bestes geben. Es entsteht ein Gefühl der persönlichen Verantwortung. Das Mindset verändert sich von “der Firma” zu “wir”.
Um ein solches Team zu formen, braucht es weit mehr als nur organisatorische Ansätze. Auch die Team-Kultur muss sich verändern. Dazu aber in einem anderen Artikel mehr (siehe unten).
Inwiefern und in welchem Ausmass dieses Konzept und dieses Mindset auf dein Team transferiert werden kann, ist individuell sehr unterschiedlich und gilt es erst noch herauszufinden. Ich fordere euch aber heraus, zu überlegen, welche Aspekte davon in eurem Team Anwendung finden könnten.
Wie sicher weisst du, was der Markt will und wie ist dein Team dafür aufgestellt, es herauszufinden?
— — —
Quellen:
Leading Teams in the digital age — Hyper Island
Ribbonfarm Consulting — Thank god its friday
Peter Smith — The Leadership Alliance